Erfolgreiche erste Summer Shoal

Um das Wohl von Zuchtfischen zu verbessern, brauchen wir mehr spezifische Forschung, mehr öffentliches Bewusstsein, mehr Dialog zwischen allen Beteiligten und bessere Richtlinien: Dies ist das Fazit eines internationalen Expertenkongresses, der kürzlich in Italien stattfand.
 
In den ersten Septembertagen trafen sich 34 Experten aus 12 europäischen Ländern an der nördlichsten Küste des Mittelmeers, um ethologisches Wissen und Ideen zum Wohl von Fischen in der Aquakultur auszutauschen. Unter Verzicht auf die übliche Konferenzkultur mit Klassenzimmerbestuhlung und Präsentationsleinwand trafen sich Wissenschafter, Tierschützer und Fischzüchter zwei Tage lang in Marina Julia bei Monfalcone im Nordosten Italiens in einem grossen Kreis unter den Pinien.

Auf Einladung des Vereins fair-fish international und seines FishEthoBase-Forschungsteams folgten die Teilnehmenden 14 Präsentationen, unterstützt durch ein illustriert es Skriptenbuch auf ihren Knien, und diskutierten nach jedem Vortrag intensiv.

 

Wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse

Am ersten Tag ging es um Ethologie und Fischwohl. fair-fish-Gründer Billo Heinzpeter Studer aus Monfalcone erläuterte die Idee und den praktischen Nutzen der Fischethologie-Datenbank FishEthoBase. Die vier Fragen der Ethologie, angewandt auf das Fischwohl, wurden von FishEthoBase-Forscher Dr. João Luis Saraiva aus Faro in Portugal vorgestellt, während seine Teamkollegin Dr. Maria Filipa Castanheira aus Wien das aktuelle Verständnis und die weitere Erforschung von Bewältigungsstilen und Fischwohl beleuchtete.

Dr. Leonor Galhardo vom Höheren Institut für Angewandte Psychologie in Lissabon verdeutlichte, dass die Herausforderung in der Fischzucht weit über die Reduzierung von Stress hinausgeht: Es ist die Lebensqualität der Tiere, die wir verbessern müssen. Verhaltensindikatoren für das Wohlergehen am Beispiel von Tintenfischen wurden von Dr. Pablo Arechavala-Lopez vom Mediterranean Institute for Advanced Studies auf Mallorca interpretiert, der auch als Gutachter an der FishEthoBase mitarbeitet.

Die Frage der schnellen und zunehmenden Domestizierung von Fischarten und deren Bedeutung für ihr Wohlergehen wurde von Dr. Fabrice Teletchea von der Universität Lothringen in Frankreich untersucht. Und schließlich stellte Dr. Mimi E. Lam von der Universität Bergen in Norwegen einen Zusammenhang zwischen dem Fischwohl und einem breiteren wissenschaftlichen Konzept der Ethik beim Fischkonsum her, das entlang verschiedener Wertschöpfungsketten von Fisch bewertet wird. Zwei Poster vervollständigten die Sektion: Dr. Violaine Colson vom französischen Nationalen Institut für Agrarforschung (INRA) präsentierte Experimente zu einem neuartigen emotionalen und kognitiven Ansatz für die Phänotypisierung des Wohls von Regenbogenforellen, die einem Sauerstoffmangel ausgesetzt sind, während Björn Bassmann und Harvey Harbach von der Universität Rostock in Deutschland ihr Experiment über die Auswirkung des Pflanzenreichtums auf das Wohl von afrikanischen Welsen in vrkoppelten Aquaponiksystemen erläuterten.

 

Zusammenarbeit mit Industrie und Regulierungsbehörden

Der zweite Teil der Summer Shoal konzentrierte sich auf die Frage, wie Fischwoh in der Praxis umgesetzt werden kann. Andreas Graber, Leiter des grössten laufenden Schweizer Kreislauf-Aquakulturprojekts (RAS), gab einen Einblick in die Sichtweise eines kommerziellen RAS-Fischzüchters auf das Fischwohl. Der Gründer und Direktor von Friend of the Sea (FOS), einem weltweit führenden Zertifizierungssystem für Fischerei und Aquakultur, Dr. Paolo Bray aus Mailand, sprach über das Fischwohl als Mehrwert, den er in die FOS-Anforderungen integrieren möchte. Eiona Rodgers von der Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals (RSCPA) stellte die Leitlinien der Organisation für das Wohl von Atlantischem Lachs und Regenbogenforellen vor, die von der Mehrheit der britischen Züchter befolgt werden.

Eine Reihe von Kampagnenorganisationen stellte ihre Pläne zur Förderung des Fischwohls vor. Für die in Grossbritannien beheimatete Organisation Compassion in World Farming (CIWF) erläuterte Krzysztof Wojtas die Prioritäten und Möglichkeiten seiner NGO zur Verbesserung des Fischwohls. Douglas Waley von der in Brüssel ansässigen Eurogroup for Animals erläuterte, wie die Fischethologie in die Interessenvertretungs- und Kommunikationsaktivitäten seiner NGO passt. Phil Brooke von der CIWF und stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgruppe Fisch des Europäischen Beirats für Aquakultur (AAC) berichtete über den Dialog mit der Industrie, ebenso wie Paul Denenkamp, stellvertretender Vorsitzender der AAC-Arbeitsgruppe Schalentiere und Vorstandsmitglied der niederländischen Stiftung zum Schutz der Fische (Vissenbescherming).

 

Wie kann das Wohlergehen von Zuchtfischen verbessert werden?

Auf der abschliessenden Plenarsitzung wurden die Ergebnisse von fünf Arbeitsgruppen diskutiert. Es gibt genügend wissenschaftliche Beweise dafür, dass Fische empfindungsfähige Wesen sind und daher die Bevorzugung des moralischen Zweifels verdienen. Es bedarf jedoch weiterer artspezifischer Forschung, insbesondere in Zuchtbetrieben, um Wege zur Verbesserung des Fischwohls aufzuzeigen. Da das öffentliche Bewusstsein für die Fischzucht und das Fischwohl immer noch gering ist, sind weitere Informationskampagnen von entscheidender Bedeutung, um die Bereitschaft zu erhöhen, einen angemessenen Preis für mehr Fischwohl zu bezahlen, und um die politischen Entscheidungsträger bei der Verbesserung von Richtlinien und Vorschriften zu unterstützen.

 





Neues Kongressformat: Sitzen im Kreis unter freiem Himmel zur Förderung von Konzentration und Kommunikation. Mit einem Minimum an technischen Hilfsmitteln. Postersession auf dem Rasen.

 

Das full text book aller Präsentationen

Die Videos der Vorträge und Diskussionen:

01 Billo Heinzpeter Studer
02 Joāo Luis Saraiva
03 Maria Filipa Castanheira
04 Leonor Galhardo
05 Pablo Arechavala-López
06 Krzysztof Wojtas
07 Fabrice Teletchea
08 Mimi E. Lam
09 Andreas Graber
10 Eoina Rodgers
11 Paolo Bray
12 Douglas Waley
13 Phil Brooke
14 Paul Denekamp
15 Conclusions: Final plenary discussion

Die Posters von Violaine Colson, Björn Bassmann, Harvey Harbach und dem FishEthoBase-Forschungsteam sind im text book enthalten.